Profil

Mein Bild
Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

20. September 2013

Herbstlaub

Ein Feuerwerk an Farben


Museumsgarten © Landesmuseum Niederösterreich, Foto: B. Gramm
Sie erfreut das Auge des Naturliebhabers und inspiriert seit Jahrhunderten Maler und Dichter. Blattläusen dagegen verdirbt sie gründlich den Appetit. Die Rede ist von der herbstlichen Farbenpracht. Denn jedes Jahr im Herbst verfärben sich die Blätter der Bäume, bevor sie schließlich abfallen und verwelken. Doch warum ist das eigentlich so?


Schutz vor Kälte und Trockenheit

Wenn im Herbst die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken, bereiten sich nicht nur viele Tiere, sondern auch die Bäume auf die Winterruhe vor. Laubbäume werfen ihre Blätter ab. Dies ist notwendig. Denn das Wasser in den Zellen würde zu Eis gefrieren und das zarte Blattgewebe zerstören. Außerdem gefriert auch das Wasser im Boden und der Baum könnte sich nicht ausreichend mit Flüssigkeit versorgen. Über die Blätter würde er zusätzlich Wasser verlieren und bald völlig austrocknen. Dazu kommt, dass die Blätter die Oberfläche des Baums enorm vergrößern. Damit wären auch die Schneelast und die Gefahr von Bruchschäden im Winter deutlich höher.


Ein Problem – zwei Lösungen


Museumsgarten © Landesmuseum Niederösterreich,
Foto: B. Gramm
Während also Laubbäume die kalte, trockene Jahreszeit durch das Abwerfen ihrer Blätter überstehen, verfolgen Nadelbäume eine andere Strategie. Ihre Blätter – die Nadeln – sind durch eine isolierende Wachsschicht vor dem Austrockenen geschützt. Zudem lagern sie im Herbst spezielle „Frostschutzmittel“ in ihren Nadeln ein, die Schäden durch tiefe Temperaturen verhindern. Eine Ausnahme bildet lediglich die Lärche. Sie wirft jedes Jahr ihre Nadeln ab. Zuvor leuchten auch diese in strahlendem Goldgelb.

 

Und woher kommen nun all die Farben?


Der wichtigste Pflanzenfarbstoff ist zweifellos das grüne Chlorophyll. Die Pflanze braucht es, um Photosynthese durchzuführen. Doch das Chlorophyll ist nicht der einzige Farbstoff, der in den Blättern vorkommt. Es überdeckt jedoch die anderen Farbstoffe, sodass man diese normalerweise nicht sieht. Im Herbst wird in einer aufwändigen Recycling-Aktion das kostbare Blattgrün abgebaut und in Stamm und Ästen für das kommende Jahr gespeichert. Nun werden die anderen Farbstoffe sichtbar – wie etwa die gelb-orangen Carotinoide bei der Birke oder die braunen Gerbstoffe bei der Eiche. Die Anthocyane dagegen, die zum Beispiel dem Ahorn seine leuchtend rote Farbe verleihen, werden erst im Herbst neu gebildet. 

Hübsch anzusehen, aber sinnlos?


Museumsgarten © Landesmuseum Niederösterreich,
Foto: B. Gramm
Noch vor kurzem galt die herbstliche Farbenpracht als zwar schönes, aber unbedeutendes Nebenprodukt des Laubfalls. Heute jedoch sieht man das anders. So sollen vor allem die roten Anthocyane wie eine Art Sonnencreme wirken, die das Blatt vor UV-Licht, aber auch vor freien Radikalen schützt. Zudem haben die bunten Farben angeblich auch Signalwirkung: Um sich gegen Insekten zu verteidigen, lagern Bäume schlechtschmeckende oder giftige Abwehrstoffe in ihre Blätter ein. Die Konzentration dieser Stoffe ist in knallig rot gefärbten Blättern besonders hoch. Demnach ist die Farbe der Blätter also ein Indiz für die Gesundheit und die Abwehrstärke des Baums. Und Schädlinge wie zum Beispiel Blattläuse meiden rote Blätter.

Oft lassen sich an bunten Blättern noch grün gefärbte Bereiche erkennen. Diese gehen auf parasitische Pilze, Bakterien oder Insektenlarven zurück: Die Parasiten produzieren ein Hormon, das die Blatt-Alterung hemmt. So bleiben grüne „Inseln“ erhalten, die den Parasiten noch für längere Zeit ausreichend Nährstoffe bieten.


Kein tragischer Fall…


Wenn das Chlorophyll abgebaut und für die kommende Saison gespeichert ist, wirft der Baum schließlich seine Blätter ab. Damit dabei an den Zweigen keine Verletzungen entstehen, erfolgt dieser Abwurf an einer definierten „Sollbruchstelle“. Zwischen Blattstiel und Zweig bildet sich eine Trennschicht aus. Diese besteht aus Kork und verhindert nicht nur den Verlust von Wasser, sondern auch das Eindringen von Krankheitserregern. 

... und doch ein weltbewegendes Ereignis

Herbstblätter © photos.com Bogdan Waßkowicz

Wenn es bei uns auf der Nordhalbkugel Herbst ist, so rückt mit dem Laub eine gewaltige Menge an Biomasse einige Meter näher an die Drehachse der Erde heran. Die Waldbestände auf der Südhalbkugel, können dies nicht ausgleichen, da sie –  allein schon durch die Lage der Kontinente – wesentlich kleiner sind als die Wälder im Norden. Der Effekt, der sich daraus ergibt,  ist der selbe, der es einer Eiskunstläuferin erlaubt, immer schnellere Pirouetten zu drehen, sobald sie die Arme nur enger an den Körper legt: Die Erde dreht sich im Herbst unmerklich, aber immerhin messbar, schneller. Sprießen im Frühjahr schließlich neue Blätter an den Bäumen wird die Erdrotation dadurch wieder etwas abgebremst.


Verfärbtes Blatt
© A. Benedetter-Herramhof


Gerbstoffe färben die Blätter von Buche und Eiche braun. Die goldgelbe Farbe der Birkenblätter und der Lärchennadeln wird durch Carotinoide verursacht. Anthocyane lassen das Laub des Ahorns im Herbst rot leuchten. 

Text: Dr. Andrea Benedetter-Herramhof

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen