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Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

25. April 2013

Schmetterlinge

bunt, auffällig, vielfältig

Ein großer Schillerfalter tupft
Schweiß von einer Hand
Foto: Th. Holzer, J. Pennerstorfer

Man verbindet mit ihnen Sonne, Sommer, Blumenwiese. Doch es steckt wesentlich mehr hinter diesen Insekten. Manche, wie der Frostspanner, tauchen erst in den frostigen Nächten des Spätherbstes auf. Andere, wie der Schillerfalter, fliegen weniger die Blumen, sondern viel mehr Schweiß, Kot und Aas an.
So hat jede der rund 4000 in Österreich vorkommenden Arten seine spannenden Details, seine Geschichte.




Namen voll Aberglauben und Bedeutung

Schon im Namen steckt eine Geschichte. So dachte man früher, daß Hexen in Schmetterlingsgestalt den Rahm, eben den Schmett, stehlen würden. Geblieben ist der Name. Und auch das englische „butterfly“ (=Butterfliege) hat seinen Ursprung in diesem Aberglauben.
Wesentlich aussagekräfiger ist der wissenschaftliche Name „Lepidoptera“, der übersetzt Schuppenflügler heißt. Und beschuppte Flügel haben sie tatsächlich: wie bunte Ziegeldächer schauen Schmetterlingsflügel unter einer Lupe aus.



Wunder der Verwandlung

Apollofalter, Foto: Th. Holzer, J. Pennerstorfer
Das Wunder der Verwandlung steckt in jedem Lebewesen. Bei Schmetterlingen aber lässt es sich besonders eindrucksvoll beobachten. Wie aus einem Ei eine Raupe schlüpft, wie sie wächst und sich mehrfach häutet, um schließlich in einer Puppe den Körper völlig umzubauen. Wie passt in diese enge Puppenhülle so viel erwachsener Schmetterling hinein?
Voller Wunder ist auch die Anpassungsfähigkeit dieser Insektengruppe an extreme Standorte. Niederösterreich in seiner landschaftlichen Vielfältigkeit kann (noch) diese Plätze bieten. Die trockene, unwirtliche Steppenlandschaft, die der Englische Bär zum Leben braucht wie auch die Bergspitzen für den Apollo.
Ein interessantes Projekt zur Wiederansiedelung des Apollofalters in der Wachau:  http://www.lanius.at/cms2/?id=151


Englischer Bär, Foto: Th. Holzer, J. Pennerstorfer

Keine Insel der Seligen

Doch auch Niederösterreich ist keine Insel der Seligen. Auch bei uns sind die Schmetterlinge weniger geworden. Seltene Arten sind auf winzige Restvorkommen zusammengeschmolzen oder völlig verschwunden. Der Grund dafür ist in unserer kompromisslosen Landnutzung zu suchen. Agrarsteppen ohne Wiesenstreifen, Gewässer ohne Gehölzrand, englischer Rasen vor den Häusern. Sie nehmen heimischen Tieren jede Lebensmöglichkeit. Schmetterlinge sind dabei auffällig genug, dass ihr Rückgang zumindest beachtet wird.












Eine grüne Wüste…                                                                 …, die so aussehen könnte




Natur zulassen!

Dabei ist es eigentlich nicht schwer wieder beschuppte Gäste in den eigenen Garten zu locken. Man muss ihnen einfach eine Vielfalt heimischer Pflanzen bieten. Und sich vom Gedanken verabschieden, daß es „Unkräuter“ gibt. An der Brennessel fressen die Raupen von über 50 Schmetterlingsarten, an der Schlehe rund 40!
Wenn keiner hingeht, wird es auch das „Shopping-Center“ auf der (ehemaligen) grünen Wiese nicht mehr geben. Und muss es unbedingt Golf sein, wenn Tischtennis auch Spaß macht? Jeder von uns hat es in der Hand. Es gibt viele Wege des Umdenkens. Einer kann ein Besuch in der neuen Schmetterlingsausstellung im Landesmuseum Niederösterreich sein…


Text: Mag. Norbert Ruckenbauer

Zur Ausstellung Schmetterlinge (21. April 2013 - 16. März 2014) ist ein Broschüre (EUR 3,50, davon spenden wir EUR 2,- an DEBRA Austria - Schmetterlingskinder) und eine Kinderbroschüre erschienen.
Broschüre Schmetterlinge

Kinderbroschüre Schmetterlinge




















Interessante Links:
Ausstellung im Londoner Naturhistorischen Museum (bis 15. September 2013): http://www.nhm.ac.uk/visit-us/whats-on/temporary-exhibitions/sensational-butterflies/index.html und http://www.zeit.de/video/2013-03/2258616782001/ausstellung-schmetterlinge-hautnah-in-londoner-museum

18. April 2013

Der Frühling ruft

Kräuteranbau selbst gemacht

© Natur im Garten, Foto: Alexander Haiden
Jetzt ist die richtige Zeit, um Kräuter anzubauen! Viele von ihnen können direkt im Freien ausgesät werden. Dazu gehört etwa der würzige Schnittlauch.

Er gedeiht sowohl in voller Sonne als auch im Halbschatten und verlangt nach einem nährstoffreichen, humosen Boden mit regelmäßigen Wassergaben. Säen Sie relativ dicht aus und nach etwa 3 Wochen erscheinen die ersten Keimlinge. Möchten Sie die Pflanzen in einem Kübel oder Balkonkasten kultivieren, sollten Sie zunächst mit Tonscherben, Tongranulat oder Kieseln eine Drainageschicht anlegen, darauf kommt dann die humose Erde. Verpflanzen Sie den Schnittlauch büschelweise in Töpfe oder ins Freiland im Abstand von 20x20 cm.

Das Gewürzkraut kann die ganze Saison über geerntet werden – regelmäßiges Schneiden regt die Bildung neuer Blätter an. Gedüngt wird mit Kompost oder Hornspänen und dann steht einer reichen Ernte nichts mehr im Wege!




Weitere Informationen: 

NÖ Gartentelefon +43 2742/ 74 333
www.naturimgarten.at


TIPP: Ausstellung „Schmetterlinge“ im Landesmuseum Niederösterreich
Ab 21. April gibt es bei der Ausstellung im Landesmuseum Niederösterreich auch viel „Natur im Garten“ zu sehen.
Himmelblauer Bläuling, Foto: Josef Pennersdorfer


17. April 2013

Wildnisgebiet Dürrenstein

Urwald in Niederösterreich. Erbe und Auftrag

Dürrenstein, Foto: Theo Kust
Wie das kleine gallische Dorf, das sich dem riesigen Römischen Reich erfolgreich widersetzt, steht er da. Umzingelt von menschlichen Bedürfnissen und Gier, umringt von Streben nach Ordnung und Kontrollierbarkeit. Der Rothwald, der größte und schönste Urwaldrest Mitteleuropas! Ein letzter Rest von ursprünglichem, urwüchsigem Wald. Er ist vor 10.000 Jahren, nach der letzten Eiszeit, entstanden und wurde nie vom Menschen gerodet oder spürbar verändert.


Österreich ist ein Waldland, knapp die Hälfte seiner Fläche ist mit Wald bedeckt. Allerdings nicht allzu viel davon ist in naturnahem Zustand und menschlichem Eingriff entzogen. Das macht diesen nur rund 460 ha großen Fichten-Tannen-Buchen-Urwald am Abhang des Dürrensteins so wertvoll. Hier kann man ein Ökosystem in seiner Ursprünglichkeit und Eigenständigkeit antreffen.
 

Uralte Bäume

Hier können Bäume ihren vollen Lebenszyklus vollenden. Tannen und Fichten, die 600 Jahre Zeit hatten Höhen von 50 m und Umfänge von bis zu 4,8 m zu erreichen, kann man ebenso antreffen wie 400 Jahre alte Rotbuchen.
Augenfällig sind die vielfältige Wuchsformen: krumme und verdrehte Bäume, mit Beulen und Verwachsungen oder auf Stelzwurzeln. Hier entscheidet nicht menschlicher Anspruch, sondern individuelle Konkurrenzkraft, Zufall oder die Gunst des Kleinstandortes.
 

Lebendiges Totholz

Dürrenstein, Foto: Theo Kust
Stirbt ein solcher Baumriese ab, kann er hier bis zu 100 Jahre stehen bleiben bevor ihn Wind, Wetter und Erdanziehungskraft endgültig niederstrecken.
Hier im Urwald ist rund 1 /3 der Holzbiomasse Totholz: weder Störfaktor noch unnötiger Platzbesetzer, sondern wichtiger Lebensraum und Lebensgrundlage für andere Organismen!
Schon auf den ersten Blick fällt im Rothwald die Vielfalt an holzabbauende Pilzen an liegenden und stehenden Stämmen auf. Den Reichtum von Insekten und anderen Kleintieren im Todholz, darunter seltenste Arten, kann man nur erahnen. Ihre Anwesenheit fördert wiederum Arten, die von ihnen leben. Ein dichtes Gewebe aus Nehmen und Geben, fressen und gefressen werden entsteht.


Kadaververjüngung

Dürrenstein, Foto: Theo Kust
Aber auch an seine direkten Nachkommen gibt ein gefallener Baum Lebenschancen weiter. Moose wachsen auf dem modernden Stamm, fangen Flugstaub und saugen sich wie ein Schwamm mit Wasser voll. Hier bietet sich ein optimales Keimbett, etwa für Fichtensamen. Hervorgehoben aus der pflanzlichen Konkurrenz und der lange ausdauernder Schneeschicht sind ihre Lebenschancen günstiger als am Boden. Ist der fördernde Stamm vermodert, steht dann der geförderte Baum mitunter auf Stelzwurzeln da, deutliches Zeichen der „Kadaververjüngung“.

In der Ordnung der Natur

Hier finden sich abgestorbene Stämme und frische Keimlinge, verschiedene Zyklen der Waldentwicklung eng beieinander. Nicht der Mensch, sondern Urgewalten wie Sturm und Lawinen greifen hier ein, beenden das Leben des einen und fördern den anderer. Natürliche Prozesse können hier ungehindert ablaufen. Und siehe da: Borkenkäfer spielen hier, im Gegensatz zu Wirtschaftswäldern, nur eine recht unscheinbare Rolle.

Eckdaten des Überlebens

Dürrenstein, Foto: Theo Kust
Wie aber kam es, dass ausgerechnet hier in Niederösterreich noch ein Stückchen Urwald überdauern konnte? Und das in unmittelbarer Nähe zur niederösterreichischen Eisenstrasse, wo Eisenverarbeitung einen großen Holzbedarf erforderte.
Für sein Überleben war sicher die geographische Lage in einem schwer erreichbaren Kessel günstig. Lange gab es genügend leichter erreichbare Wälder, die genutzt und gerodet werden konnten.
Auch ein Streit zwischen zwei Klöstern war für den Rothwald hilfreich. 337 Jahre lang konnten sich die Kartause Gaming und das Stift Admont nicht über die genauen Besitzverhältnisse einigen. Jahrhunderte lang hielten sich die beiden Klöster gegenseitig in Schach, bevor es 1689 zu einem Vergleich kam.
1782 ließ Kaiser Joseph II. die Kartause Gaming schließen, der Rothwald kam zunächst in staatlichen, dann in privaten Besitz. Immer wieder zerstörten Hochwässer die Holzdriftanlagen und verzögerten damit die rasche Ausbeutung. Sicher trug auch die wichtiger werdende Steinkohle zur Entlastung der Wälder in den Göstlinger Alpen bei.
 

Albert Rothschild - rettender Visionär

Foto: www.wildnisgebiet.at
Der Rothwald hatte trotzdem wertvolle Flächen verloren. In den 93 Jahren zwischen 1782 und 1875 wurden rund 1750 ha Urwald gerodet.
1875 als die technischen Möglichkeiten zur vollständigen Ausbeutung bereits recht gut waren, kam es zu einer unglaublich glücklichen Wendung.
Albert Rothschild, Leiter eines Finanzimperiums und Jäger ersteigerte unter anderem den Rothwald aus der Konkursmasse des Vorbesitzers, einer Aktiengesellschaft. Er besucht den Urwald und erkannte seine Einzigartigkeit. Gegen jeden Zeitgeist, auch den seiner Forstexperten, stellt er den Rothwald unter seinen persönlichen Schutz und gewährleistet damit seine Unberührtheit und sein Überleben. Als er 1911 einen überraschenden Herztod erleidet, wird in Nachrufen schon sein visionärer Schutz des Urwald Rothwald gewürdigt. Glücklicherweise gab er die Liebe zu seinem „Goldplatzl“ an seine Nachkommen weiter.


Erbe und Auftrag

Dürrenstein, Foto: Theo Kust
Heute ist der Rothwald Kernzone und Keimzelle des Wildnisgebiets Dürrenstein. Übrigens das einzige Schutzgebiet Österreichs, das von der Weltnaturschutzorgansiation IUCN in diese international höchste Schutzkategorie gestuft wurde. Der Zugang ist stark reglementiert.
Und es geht weiter: bis zum Jahr 2015 soll das Wildnisgebiet um 1000 ha erweitert werden. Die Waldbestände des Erweiterungsgebietes haben ein Alter von rund 200 Jahren und sind in einem naturnahen Zustand. Und schon in ein paar hundert Jahren sind die Grenzen nicht mehr auszumachen.


Direkter Link zum Wildnisgebiet: www.wildnisgebiet.at

Literatur:
•    http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/naturschutz/schutzgebiete/wildnisgebiete/ (kopiert am 28.05.2006)
•    Anonym (2011) Meilenstein für den Naturschutz. Wildnisgebiet Dürrenstein erweitert. Seiten 14 – 15 . Umwelt & Energie 01 / 2011.
•    Anonym (2010) Ausbreitung der Wildnis. Seite 8. wood.stock 3 – 2010.
•    ZUKRIGL Kurt (2002) Urwälder und Naturwaldreservate in Niederösterreich. Seiten 93 – 99. In: NÖ LANDESMUSEUM (HRSG.) (2002) Natur im Herzen Mitteleuropas. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, St. Pölten. Niederösterreichisches Pressehaus Landesverlag: St. Pölten.
•    SPLECHTNA KARL (2001) Wildnisgebiet Dürrenstein – Albert Rothschild Bergwaldreservat. Skizzen einer Nutzungsgeschichte. Seiten 75 – 81. In: GOSSOW Hartmut (2001) Life-Projekt Wildnisgebiet Dürrenstein. Managementplan. 


Text: Mag. Norbert Ruckenbauer

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Neuer Bildband „Urwald in Österreich“

Matthias Schickhofers opulente Liebeserklärung

Mit dem Begriff Urwald verbinden wir hierzulande wohl am ehesten einen tropischen Regenwald wie jenen am Amazonas oder andere entlegene naturbelassene Gebiete. Dass es Urwälder auch direkt vor unserer Haustür gibt, wird für viele Menschen überraschend sein. In Niederösterreich etwa liegt  in der Gegend von Göstling an der Ybbs das Urwaldkleinod Wildnisgebiet Dürrenstein.
Ich will mit dem Buch Orte in Österreich präsentieren, die viele Menschen hier nicht vermuten. Es gibt tatsächlich noch Urwälder in Österreich. Auf weniger als einem Prozent der Waldfläche haben Ur- und Naturwälder überlebt. Diese letzten ‚Botschafter der alten Welt’ sind ein herausragendes Naturerbe und daher besonders schützenswert“, sagt Matthias Schickhofer, Naturfotograf und Umweltschützer.

Neben faszinierenden Bildern zeigt auch der Text, dass der heimische Urwald den Autor in seinen Bann gezogen hat. Mit teils geradezu poetischen Wendungen beschreibt er diese vergessenen paradiesischen Welten, wo der Palast des Waldkönigs oder Trolle vermutet werden und wo sich Wölfe und Luchse gute Nacht sagen sollten. Unterlegt ist das Buch mit Gastkommentaren und zweckdienlichen Hinweisen für Wanderungen und Führungen inklusive Landkarten, die die Orientierung sehr erleichtern. Wer es gesehen und gelesen hat, wird Schickhofers Wunsch nach mehr öffentlichem Bewusstsein zur Erhaltung dieser Waldparadiese und damit ihrer Artenvielfalt gerne teilen.
Das Buch aus dem Christian Brandstätter Verlag ist im Buchhandel erhältlich, aber auch im Shop des Landesmuseums Niederösterreich, es kostet 29,90 Euro.
Linktipp: www.schickhofer-photography.com
 

Text: Gerhard Hintringer

11. April 2013

Bekassine

Susanne Strnadl, DER STANDARD, 27.3.2013

Die Ziege des Himmels stochert und meckert immer seltener

Mit ihrem langen Schnabel ertastet die Bekassine Beute im Untergrund, mit den äußeren Schwanzfedern erzeugt sie im Flug ein vibrierendes Summen. Das Geräusch, das an Meckern erinnert, hat ihr den Namen "Himmelsziege" eingetragen. Die Schnepfenart ist heute vom Aussterben bedroht.
Nur noch 50 bis 60 Bekassinen-Paare brüten in Österreich - Der "Vogel des Jahres" ist auf Feuchtlandschaften und Moore angewiesen - doch die Landwirtschaft gräbt ihm das Wasser ab
Feuchtgebiete werden immer seltener - seit Jahrzehnten gehen Moore und nasses Grünland zurück. Mit ihnen verschwinden auch zahlreiche Tierarten, die auf diese speziellen Habitate angewiesen sind. Die von Birdlife Österreich und Naturschutzbund zum diesjährigen "Vogel des Jahres" gekürte Bekassine gehört dazu: In den 1970er-Jahren galt sie in Mitteleuropa noch als verbreiteter Brutvogel, heute firmiert sie unter " Vom Aussterben bedroht".
Bekassine, Foto: günther-Foto / photos.com
Optisch ist die zu den Schnepfenvögeln gehörende Bekassine, wissenschaftlich Gallinago gallinago, wenig auffällig: Sie ist taubengroß und ihr braun-beiges Gefieder eignet sich hervorragend zum Tarnen und Verstecken in Moorlandschaften. Sonst ist sie gedrungen gebaut mit kurzen Beinen und langem Schnabel. Während sie auf der Jagd nach Insekten und anderen Kleintieren in kleinen Schritten umherstapft, erkundet sie mit ihrem Schnabel den Untergrund. Dieser hat im Oberteil eine bewegliche Spitze, die mit Sinneszellen ausgestattet ist, die es ihr ermöglichen, beim Stochern im Boden gleichzeitig Beute zu orten und zu ertasten. Außerdem kann sie kleine Tiere verschlucken, ohne den Schnabel vorher aus dem Boden ziehen zu müssen.

Sichere Kinderstube
Doch nicht nur bei der Nahrungssuche, auch beim Brüten ist die Bekassine auf Nässe angewiesen: Als Neststandort sucht sich das Weibchen eine Mulde in feuchtem Grünland oder in Moorgebieten, die es mit trockenem Pflanzenmaterial auskleidet. Bevorzugt liegen die Nester auf hügelförmigen Horsten von Seggen und anderen Gräsern, die oft von Wasser umgeben sind. Dort bleibt die Kinderstube trocken, während Füchse oder andere Feinde sich ungern die Füße nass machen. Ende April legt das Weibchen gewöhnlich vier graugrüne, dunkel gesprenkelte Eier.

Die Küken sind Nestflüchter, die vom ersten Tag an selbst Nahrung suchen, wobei sie von den Eltern zu den besten Plätzen geführt werden. Drei bis vier Wochen nach dem Schlupf sind sie flugfähig, davor können sie die Eltern mit Schnabel und Beinen so an den Bauch drücken, dass sie im Notfall sogar mit ihnen wegfliegen können. Häufiger jedoch greifen sie zum "Verleiten", einer Verhaltensweise, bei der sie vor einem Fressfeind mit hängenden Flügeln herflattern und den Eindruck erwecken, sie seien eine leichte Beute. Haben sie den Störenfried weit genug vom Nest weg geführt, fliegen sie plötzlich auf und sind weg.

Vor der Paarung, aber auch während der Brutzeit machen die Männchen in wilden Balzflügen auf sich aufmerksam, die auch akustisch auffallen: Die Vögel erzeugen dabei ein vibrierendes Summen, das an das Meckern ferner Ziegen erinnert, was der Bekassine auch den Namen "Himmelsziege" eingetragen hat.

Das Zustandekommen dieses Geräuschs wurde unter Ornithologen 150 Jahre lang heftig diskutiert - heute weiß man, dass es von den äußeren Schwanzfedern stammt: Diese werden im Sturzflug in Schwingungen versetzt, die bei knapp 40 Stundenkilometern hörbar werden und bei rund 60 Kilometer pro Stunde abreißen.

Insgesamt hält das Geräusch nur zwei bis drei Sekunden an, die Vögel steigen jedoch immer wieder auf und wiederholen das Schauspiel oft minutenlang. Diese Ausdrucksflüge dienen außer der Balz auch der Reviermarkierung und erfolgen während der gesamten Brutzeit, vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung, aber auch in mondhellen Nächten. Gehört werden kann das Meckern seit kurzem übrigens auch im Vogelsaal 29 des Naturhistorischen Museums in Wien.

Rückzug ins Alpenvorland
Bereits im Juli beginnt der Abflug der Bekassinen aus Nordeuropa in ihre Winterquartiere, für die meisten Vögel nach Südfrankreich, Spanien oder Portugal. Es gibt aber Nachweise, dass einzelne bis nach Senegal oder dem Tschad gelangen und damit mehr als 2000 Kilometer zurücklegen. Ist der Herbst bzw. Winter im Brutgebiet jedoch mild, kann sich der Wegzug lange hinziehen und stellenweise ganz unterbleiben.

Mitte März kommen die Bekassinen dann wieder, prinzipiell jedenfalls, denn in Wirklichkeit gibt es nur noch sehr wenige bei uns. Der aktuelle Bestand in Österreich dürfte sich auf lediglich 50 bis 60 Brutpaare belaufen, wobei der Schwerpunkt in den Alpenvorlandgebieten Salzburgs und Oberösterreichs liegt. In allen anderen Bundesländern lassen sich die Brutpaare jeweils an den Fingern einer Hand abzählen. Am meisten Bekassinen auf einem Fleck (18 bis 19 Paare) gibt es im Ibmer Moor in Oberösterreich, wo die Vögel offenbar von entsprechenden Moorrenaturierungsmaßnahmen profitieren.

Kaum Nasswiesen
"Die Bekassine hat ein Riesenproblem, weil kaum noch Nasswiesen vorhanden sind, die bis in den Sommer hinein auch nass bleiben", erklärt Ornithologe Hans-Martin Berg vom Naturhistorischen Museum Wien, der sich seit Jahren mit der Situation von Feuchtbiotopen und gefährdeten Vogelarten befasst. Der Hanság etwa, eine Niedermoorlandschaft südöstlich des Neusiedler Sees, wäre hervorragend als Brutgebiet für Bekassinen geeignet. "Hier könnten bis zu 30 Brutpaare ein Revier finden" , wie Berg ausführt, "aber das Wasser wird rasch abgeleitet, um landwirtschaftlich genutzte Gebiete nicht zu gefährden, und wenn es weg ist, sind auch die Bekassinen weg."

In den meisten anderen europäischen Ländern geht es der Bekassine nicht besser: In den letzten 20 Jahren war fast überall ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Aktuelle Schätzungen für ganz Europa schwanken zwischen 930.000 und 1,9 Millionen Brutpaaren, wobei zwei Drittel des mitteleuropäischen Bestandes in Polen leben. Verantwortlich dafür ist überall die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft, die mit einem massiven Verlust an Feuchtlebensräumen einhergeht.
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Im Landesmuseum ist die Bekassine das Objekt des Monats April 2013
Objekt des Monats im Landesmuseum,
Foto: K. Höglinger

Die Bekassine (Gallinago gallinago) wurde zum „Vogel des Jahres 2013“ von BirdLife Österreich sowie den Partnerorganisationen Naturschutzbund Deutschland (NABU) und dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Bayern gekürt. Das „Meckern“ beherrscht die Schnepfenart nicht erst seit ihr der Lebensraum mit Feuchtwiesen und Mooren zusehends abhanden gekommen ist und die Bestandsgröße sich auf wenige Brutpaare reduziert hat. Das Männchen erzeugt das artenspezifische „Meckern“, indem es sich im Balzflug mit abgespreizten äußeren Schwanzfedern rasant in die Tiefe stürzt.

 

Tarnkünstlerin mit Hightech-Schnabel
Unter den Schnepfen ist die Bekassine eine mittelgroße Art. Mit ihrem untersetzten Körper, kurzen Beinen und braunen Gefieder bewegt sich die Tarnkünstlerin geschickt durch feuchte Seggen-, Binsen- und Moorlandschaften. Auf der Suche nach Würmern, Schnecken und Insekten watet sie durch offene schlammige Bereiche und flache Gewässer. Der lange Schnabel ist dabei das perfekte Werkzeug, um in den lockeren Schichten feuchter Böden Kleintiere zu orten und zu ertasten. Samen von Gräsern und anderen Pflanzen stehen aber genauso auf dem Speiseplan. Bei Gefahr duckt sie sich auf den Boden und ist kaum vom Untergrund zu unterscheiden. Die Jungen verlassen bereits am ersten Tag das Nest und suchen selbst nach Nahrung. Wenngleich die Eltern sie auch zu den besten Nahrungsplätzen führen.

Herber Bestandsverlust zu verzeichnen
Die Intensivierung der Landwirtschaft mit einer frühen bzw. häufigen Wiesenmahd, das Entwässern von Grünland und die zunehmende Zersiedelung der Brutgebiete hat nicht nur der Bekassine sondern den Wiesenvögeln generell zusetzt. Kleine, allerdings rückläufige Brutbestände in Niederösterreich existieren lediglich im Teichgebiet des Waldviertels, auf den Grünbrachen am Truppenübungsplatz Allentsteig und in den March-Thaya-Auen.
Dir. Dr. Erich Steiner




5. April 2013

Schmetterlinge

(21.04.2013 - 16.03.2014)


Jedes Kind kennt den anmutigen und farbenprächtigen Schmetterling, aber was wissen wir tatsächlich über dieses faszinierenden Tier?
Es ist kaum zu glauben, aber in Österreich leben rund 4.000 verschiedene Schmetterlingsarten, ein großer Teil davon auch in Niederösterreich. Viele davon sind massiv vom Aussterben bedroht. Welche Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Förderung notwendig sind, zeigt die Ausstellung.
Die Entwicklungsstufen vom Ei über Raupe und Puppe zum fertigen Falter gehören zu den beeindruckendsten Abläufen im Tierreich. Hätten Sie etwa gewusst, dass auch Motten Schmetterlinge sind? Wer weiß schon, dass einige Schmetterlinge so wie die Vögel großräumige Wanderung durchführen und viele Arten Meister der Tarnung sind?

Das sind nur einige der Fragen, die in der Ausstellung aufgegriffen werden, die vielfältige Einblicke in die faszinierende Welt der heimischen Schmetterlinge gibt.

Kuratoren:
Thomas Holzer und Josef Pennerstorfer


Himmelblauer Bläuling, Foto: Pennersdorfer und Holzer
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Schmetterlinge - bunt, auffällig, vielfältig 

Text von Mag. Norbert Ruckenbauer

Ein großer Schillerfalter tupft
Schweiß von einer Hand
Foto: Th. Holzer, J. Pennerstorfer

Man verbindet mit ihnen Sonne, Sommer, Blumenwiese. Doch es steckt wesentlich mehr hinter diesen Insekten. Manche, wie der Frostspanner, tauchen erst in den frostigen Nächten des Spätherbstes auf. Andere, wie der Schillerfalter, fliegen weniger die Blumen, sondern viel mehr Schweiß, Kot und Aas an.
So hat jede der rund 4000 in Österreich vorkommenden Arten seine spannenden Details, seine Geschichte.




Namen voll Aberglauben und Bedeutung

Schon im Namen steckt eine Geschichte. So dachte man früher, daß Hexen in Schmetterlingsgestalt den Rahm, eben den Schmett, stehlen würden. Geblieben ist der Name. Und auch das englische „butterfly“ (=Butterfliege) hat seinen Ursprung in diesem Aberglauben.
Wesentlich aussagekräfiger ist der wissenschaftliche Name „Lepidoptera“, der übersetzt Schuppenflügler heißt. Und beschuppte Flügel haben sie tatsächlich: wie bunte Ziegeldächer schauen Schmetterlingsflügel unter einer Lupe aus.



Wunder der Verwandlung

Apollofalter, Foto: Th. Holzer, J. Pennerstorfer
Das Wunder der Verwandlung steckt in jedem Lebewesen. Bei Schmetterlingen aber lässt es sich besonders eindrucksvoll beobachten. Wie aus einem Ei eine Raupe schlüpft, wie sie wächst und sich mehrfach häutet, um schließlich in einer Puppe den Körper völlig umzubauen. Wie passt in diese enge Puppenhülle so viel erwachsener Schmetterling hinein?
Voller Wunder ist auch die Anpassungsfähigkeit dieser Insektengruppe an extreme Standorte. Niederösterreich in seiner landschaftlichen Vielfältigkeit kann (noch) diese Plätze bieten. Die trockene, unwirtliche Steppenlandschaft, die der Englische Bär zum Leben braucht wie auch die Bergspitzen für den Apollo.


Englischer Bär, Foto: Th. Holzer, J. Pennerstorfer

Keine Insel der Seligen

Doch auch Niederösterreich ist keine Insel der Seligen. Auch bei uns sind die Schmetterlinge weniger geworden. Seltene Arten sind auf winzige Restvorkommen zusammengeschmolzen oder völlig verschwunden. Der Grund dafür ist in unserer kompromisslosen Landnutzung zu suchen. Agrarsteppen ohne Wiesenstreifen, Gewässer ohne Gehölzrand, englischer Rasen vor den Häusern. Sie nehmen heimischen Tieren jede Lebensmöglichkeit. Schmetterlinge sind dabei auffällig genug, dass ihr Rückgang zumindest beachtet wird.












Eine grüne Wüste…                                                                 …, die so aussehen könnte




Natur zulassen!

Dabei ist es eigentlich nicht schwer wieder beschuppte Gäste in den eigenen Garten zu locken. Man muss ihnen einfach eine Vielfalt heimischer Pflanzen bieten. Und sich vom Gedanken verabschieden, daß es „Unkräuter“ gibt. An der Brennessel fressen die Raupen von über 50 Schmetterlingsarten, an der Schlehe rund 40!
Wenn keiner hingeht, wird es auch das „Shopping-Center“ auf der (ehemaligen) grünen Wiese nicht mehr geben. Und muss es unbedingt Golf sein, wenn Tischtennis auch Spaß macht? Jeder von uns hat es in der Hand. Es gibt viele Wege des Umdenkens. Einer kann ein Besuch in der neuen Schmetterlingsausstellung im Landesmuseum Niederösterreich sein…


Text: Mag. Norbert Ruckenbauer

Zur Ausstellung Schmetterlinge (21. April 2013 - 16. März 2014) ist ein Broschüre (EUR 3,50, davon spenden wir EUR 2,- an DEBRA Austria - Schmetterlingskinder) und eine Kinderbroschüre erschienen.
Broschüre Schmetterlinge

Kinderbroschüre Schmetterlinge






Interessante Links:
Ausstellung im Londoner Naturhistorischen Museum (bis 15. September 2013): http://www.nhm.ac.uk/visit-us/whats-on/temporary-exhibitions/sensational-butterflies/index.html und http://www.zeit.de/video/2013-03/2258616782001/ausstellung-schmetterlinge-hautnah-in-londoner-museum