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Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

10. Februar 2012

Dohle

Die Alpendohle (Pyrrhocorax graculus)

Alpendohle ©photos.com
Foto:Steven Jones

Die Alpendohle, ein Krähenvogel, kommt im Alpenraum meist oberhalb der Waldgrenze in Höhenlagen zwischen 1.500 m und 3.000 m vor. Der markante Ruf ein helles "zirrrr", ist den meisten Wanderern wohl bekannt. Die ausgezeichneten Flieger sind Allesfresser, sie erbeuten Insekten, sammeln Beeren, fressen Aas und "betteln" gerne bei rastenden Wanderern um Essensresten. Alpendohlen leben in einer Dauerehe und brüten in den Nischen steiler Felswände. Sie sind sehr gesellig und bilden vor allem nach der Brutsaison im Spätsommer kleinere Schwärme.


Die Dohle (Coloeus monedula) – Vogel des Jahres 2012 und Objekt des Monats Februar 2012 im Landesmuseum



Dohlentrupp im Flug – durch eine taubenartige Flugweise und markante Rufe machen Dohlenschwärme auf sich aufmerksam. 

  
Mit einer Flügelspannweite von etwa 70 cm und einem Gewicht von einem Viertel Kilogramm - kaum halb so schwer wie die häufigere Rabenkrähe - ist die Dohle nur etwa taubengroß. Gemeinsam mit dem riesigen Kolkraben, der Rabenkrähe, der Saatkrähe und der gelbschnäbeligen Alpendohle (mit der sie immer wieder verwechselt wird) gehört sie zu den „Schwarzröcken“ unter den heimischen Rabenvögeln. Der kurze schwarze Schnabel, der graue Nacken und besonders die weißgraue Iris bilden die wesentlichen Bestimmungsmerkmale. Gerne mischen sich Dohlen unter Krähenschwärme und fallen dort durch ihre geringere Größe und die markanten Rufe auf, die wie „kjak“ oder „kjarrr“ klingen.


Unterschiede zwischen Dohle, Rabenkrähe und Saatkrähe




Dohlen sind soziale Tiere, die meist in kleinen Kolonien brüten, in Gruppen Nahrung suchen und ihrem einmal gewählten Partner lebenslang die Treue halten. Die Intelligenz der Dohlen faszinierte bereits den Verhaltensforscher Konrad Lorenz, der diesen Tieren seine erste wissenschaftliche Publikation widmete.


Das Verbreitungsgebiet der Dohle umfasst ganz Europa bis etwa zum 65. Breitengrad im Norden und reicht in Asien bis nach Westchina. Das äußerste Nordafrika wird gerade noch besiedelt. In Österreich bevorzugt die Dohle niedrige Lagen und steigt nur in Ausnahmefällen über 800 m Seehöhe hinauf. In Niederösterreich liegen die Verbreitungsschwerpunkte im Mostviertel, im Donauraum und im Wiener Becken. Im Wald- und Weinviertel gab es markante Bestandsrückgänge.



Als Nahrungsgebiet nutzt die Dohle die Offenlandschaft, hier besonders Weiden, extensives Dauergrünland, abgeerntete Felder und Brachen. Mitunter werden auch städtische Grünflächen und Abfalldeponien aufgesucht. Grundsätzlich ist die Dohle ein Allesfresser, der aber insbesondere zur Jungenaufzucht ein gutes Angebot an energiereicher Großinsektennahrung braucht.




Kirchturm als Brutstätte

Die Dohle ist ein ausgeprägter Höhlenbrüter, der Altholzbestände mit einem hohen Angebot an Schwarzspechthöhlen, höhlenreiche  Felsabbrüche (z.B. Rax- Semmeringgebiet) und sekundär Gebäude mit entsprechender Nistmöglichkeit nutzt. Besonders Kirchtürme und Burgruinen werden gerne als Brutplätze angenommen. Dohlen sind geschickte Kletterer und können sogar in senkrechten Kaminschloten brüten, was mitunter zu Problemen führen kann. Abhilfe schafft in Gebieten mit einer „Kamindohlen“-Tradition ein entsprechendes Gitter an der Mündung beheizter Kamine. Die Mehrzahl der Dohlenkolonien befindet sich heute an Bauwerken und so kann die Dohle durchaus als Kulturfolger gelten.





Dohlen zeitigen nur eine Brut im Jahr, die 4 - 6 gepunkteten hellblauen Eier werden Ende März bis Anfang April gelegt und 16 - 19 Tage lang bebrütet. Die Jungen bleiben etwa 33 Tage lang im Nest bevor sie ausfliegen und von den Eltern noch bis zu einem Monat lang gefüttert werden.

Vielerorts ist die Dohle im Rückgang begriffen, als Hauptursachen gelten:
  • der Verlust an Brutmöglichkeiten durch Gebäudesanierungen, Taubenabwehrmaßnamen an Gebäuden und Rodung von höhlenreichen Altholzbeständen
  • die Entwertung von Nahrungsflächen durch Wiesenumbruch und Intensivierung sowie Pestizideinsatz auf landwirtschaftlichen Flächen
  • direkte menschliche Verfolgung, wobei hier vor allem eine Verwechslung mit Krähen zu Fehlabschüssen führt.

Dohle neugierig schaut sie auf
den Fotografen herab, der sich
im Tarnzelt versteckt.

Die Rote Liste der Vögel Niederösterreichs (Berg, H.-M.; 1997) führt die Dohle als gefährdet, österreichweit findet sie sich was die Gefährdung betrifft auf der Vorwarnliste (NT – Gefährdung droht; Frühauf, J.; 2005). Im Jahr 2012 wurde die Dohle von BirdLife Österreich und deutschen Partnerorganisationen zum „Vogel des Jahres“ gekürt.





Literatur:
Bauer, H.-G., Bezzel, E. & W. Fiedler: Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 2: Passeriformes – Sperlingsvögel. Aula-Verlag. Wiebelsheim, Wiesbaden 2005.Berg, H.-M. (1997): Rote Liste ausgewählter Tiergruppen Niederösterreichs - Vögel (Aves), 1. Fassung 1995. NÖ Landesregierung, Abt. Naturschutz, Wien, 184 pp.
Dvorak, M., A. Ranner & H.-M. Berg (1993): Atlas der Brutvögel Österreichs. Ergebnisse der Brutvogelkartierung 1981 - 1985 der Österr. Ges. f. Vogelkunde. Bundesministerium f. Umwelt, Jugend u. Familie, Wien, 522pp.
Dwenger, R. (1989): Die Dohle. Die Neue Brehm Bücherei Bd. 588. A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt, 148 pp.
Frühauf, J. (2005): Rote Liste der Brutvögel (Aves) Österreichs. In: Zulka, K.P. (Red.): Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs, Teil 1. BM f. LFUW, Grüne Reihe 14/1, Böhlau Verlag, Wien, 63-165.
Glutz von Blotzheim, U. N. & K. M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 13/III, Passeriformes (4. Teil). AULA-Verlag, Wiesbaden 1993.
Lorenz, K. (1927): Beobachtungen an Dohlen. Journal für Ornithologie 75, 511-519.
Schäffer, A. (2012):Überlebenskünstlerin in Not: Die Dohle – Vogel des Jahres 2012. Der Falke 59: 12-16.

Text & Fotos: Thomas Hochebner, Forschungsgemeinschaft LANIUS

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Die Dohle – ein wenig bekannter Allerweltsvogel im Rückgang



Viele Österreicherinnen und Österreicher kennen das Phänomen der winterlichen Krähenschwärme im Umfeld der Städte. „Die Russen sind wieder da“ ist ein z.B. in Wien häufig gehörter Satz, wenn zehntausende Saatkrähen aus dem kalten Osten als Wintergäste zu uns kommen.

Weniger bekannt ist allerdings, dass sich meist eine weitere, kleinere Art von Rabenvögeln unter die Saatkrähen (mitunter auch Aaskrähen) mischt, wenn diese von ihren Schlafplätzen täglich zu den umliegenden Futterplätzen ziehen. Diese ist auch im Krähenschwarm durch ihre geringere Größe, die schnelleren Flügelschläge und vor allem die unverkennbaren, hellen „kjaa“ und „kjak“-Rufe zu erkennen.


Dohle, Foto: Thomas Hochebner
Die Rede ist von der Dohle (Corvus monedula), dem kleinsten der krähenähnlichen Rabenvögel (Corvidae).

Ein verbreiteter Irrtum ist allerdings die Verwechslung mit der Alpendohle (Pyrrhocorax graculus).  „Aber kommen die nicht nur in den Bergen vor?“ hört man oft als skeptischen Einwand, wenn man von der Dohle spricht.


Die Unterschiede sind hier sehr leicht zu erkennen: Die Dohle ist ein etwa taubengroßer schwarzer Vogel mit einem auffällig grau befiederten Nacken. Alpendohlen sind etwas größer, leben ausschließlich in den Bergen und sind mit ihrem gelben, leicht gebogenen Schnabel unverkennbar. Sie sind Bergwanderern durch ihre zutrauliche bis freche Art und ihre Flugakrobatik bestens bekannt.


Aber zurück zu den eigentlichen Dohlen:

Die Nahrung der schwarz-grauen Vögel besteht aus Insekten, Würmern, Schnecken, Früchten, Samen und Körnern.

Dohlen sind sehr soziale und (wie alle Rabenvögel) ebenso intelligente Vögel. So trugen Verhaltensbeobachtungen des Nobelpreisträgers Konrad Lorenz an Dohlen – allen voran der berühmten zahmen Dohle „Tschok“ - schon in der 1930er Jahren maßgeblich zu dessen Ideen zur Verhaltensforschung bei – noch vor den bekannten Graugansforschungen.

Bis vor kurzem noch wurden Studien zu Sozialverhalten und Kognition auch an einer halbwilden Dohlenkolonie als Modellart an der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau/Almtal (KLF) in Oberösterreich durchgeführt.

Dohle, Foto: Thomas Hochebner

Im Mittelalter hatten die Dohlen, wie schwarze Vögel im Allgemeinen, als Unglücks- und Krankheitsbringer kein gutes Image. Regional waren sie in Deutschland auch als die „schwarzen Tauben des Pastors“ bekannt, da sie gerne in Kirchtürmen brüteten.

Die Dohle sollte eigentlich auch hierzulande jedem bekannt sein, denn sie lebt in zahlreichen Städten Österreichs als richtiger Kulturfolger, der meist in höhlenartigen Strukturen von Gebäuden, wie Dachnischen, Kaminen, Mauerlöchern und Türmen, brütet. In der Natur bauen die Koloniebrüter ihre Reisignester in Felsen oder auch hohen Bäumen.


Gerade diese Lebensweise als Höhlenbrüter, die sie einst zur „Stadtbewoherin“ machte, resultiert heute in einer wachsenden Gefährdung der Dohle. Denn Gebäudesanierungen, Renovierungen an Fassaden und moderne Bauweise bedeuten oft den Verlust jener offenen, löchrigen Strukturen, die so wichtig für die intelligenten Vögel sind. Auch Parklandschaften mit hohen Bäumen sind rar geworden. Zudem führen intensive Landwirtschaft und Pestizide zu einem Mangel an Futter. In Österreich leben derzeit etwa 4000 Brutpaare.

Die zunehmende Gefährdung der Dohlenpopulationen hat die Naturschutzverbände Bird Life Österreich, Naturschutzbund Deutschland (NABU) und Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) veranlasst, gemeinsam diese Spezies zum „Vogel des Jahres 2012“ zu wählen. Das Landesmuseum Niederösterreich in St. Pölten präsentiert die Dohle als „Objekt des Monats“ im Februar 2012. 

Was kann man nun unternehmen, um die Dohlen vor weiteren Bestandsabnahmen zu retten?

Abhilfe schaffen können Nistkästen mit einer Fluglochöffnung von etwa 80 mm, die auf Gebäuden oder Bäumen in einer Höhe von mindestens vier Metern angebracht werden.

Neben solchen Unterstützungen und allgemeinen Maßnahmen zum Schutz der Lebensräume wie der Reduktion von Pestiziden sind vor allem ein höheres Wissen und Bewusstsein bezüglich der Dohle sowie eine größere Wertschätzung der Rabenvögel im Allgemeinen wichtige Voraussetzungen. 


Dohle als geschickter Kletterer,
Foto: Thomas Hochebner
So ist zum Beispiel mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass ein vermehrter Abschuss von Rabenvögeln wie der Aaskrähen nicht zu einer erfolgreichen Kontrolle der vermeintlich überhandnehmenden Bestände führt. Auch wenn das die Dohle selbst nicht direkt betrifft, so ist hier zumindest eine gute Artenkenntnis der Rabenvögel Voraussetzung, seltenere Arten wie eben die Dohle zu schonen bzw. zu schützen.

Neben der Dohle leben in österreichischen Städten Saatkrähen und Aaskrähen (Nebel- und Rabenkrähen). Der Kolkrabe kommt heute nur mehr in entlegeneren Lebensräumen des Gebirges vor. Elstern und Häher zählen übrigens auch zu den Rabenvögeln.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Dohle als ein Beispiel dafür dienen kann, dass heute selbst Tierarten, die gelernt haben, sich sehr gut an den Menschen und seine Lebensräume anzupassen, gefährdet sein können, wenn man nicht bewusst auf ihre Bedürfnisse eingeht und konkrete Maßnahmen setzt, sowohl die Arten als auch ihre Lebensräume zu erhalten.



Text: Mag. Michael Schroll, Kulturvermittler im Landesmuseum Niederösterreich

1. Februar 2012

Wolf

Interessantes aus dem Netz: 


Neues vom 2. März 2015: http://www.biorama.eu/keineangstvordemwolf/ 

Beitrag aus der Kronenzeitung, 5.2.2014:


Aktuelles vom WWF vom 15.01.2014: http://www.wwf.at/de/oesterreich-waelder-wolf/ 

DiePresse vom 22.8.2013: http://diepresse.com/home/science/1444299/Biologie_Wann-und-warum-die-Woelfe-heulen?from=suche.intern.portal

Der Film des Monats März 2013 im Landesmuseum beschäftigt sich mit dem Thema "Wolfsspuren" http://bit.ly/15DIjrM

Ein Artikel aus der Presse zum Wolf vom 23.1.2013:
http://diepresse.com/home/science/1336174/Warum-Hunde-Kuchen-moegen?_vl_backlink=/home/science/index.do
Wolfsnachwuchs in der Schweiz (an der Grenze zu Österreich), orf.at vom 7.9.2012: http://vorarlberg.orf.at/news/stories/2549013/ 
Mit Bild gibt es den Artikel von der Thurgauer Zeitung online: http://www.thurgauerzeitung.ch/aktuell/panorama/panorama/Wolfsnachwuchs-in-Graubuenden-gesichtet;art253654,3113511

Eine Seite aus Frankreich, die sich dem Wolf widmet: https://www.facebook.com/tina.wessig#!/pages/Pour-lAmour-du-Loup/154146418028992

Aktuelles aus der Presse zum Wolf: derstandard.at


Das Buch: Wolf, Hund, Mensch
von Kurt Kotrschal erscheint im
September 2012 im
Christian Brandstätter Verlag


derstandard.at vom 12.6.2012



Beitrag des WWF: http://www.wwf.at/de/wolf/

Aktuelle Broschüre zu den Beutegreifern von WWF und Österreichische Bundesforste (Stand: April 2012) http://www.wwf.at/beutegreifer


Ö1 Sendung "Salzburger Nachtstudio" zum Thema "Wölfe in Europa - Die Rückkehr eines Mythos" von Elke Kellner vom Mittwoch, 09. Mai 2012 um 21.00 Uhr in oe1.ORF.at. (bis 21. August 2012 abrufbar).

Auf Facebook gibt es auch eine Wolfgemeinschaft: http://www.facebook.com/LandesmuseumNOE#!/WillkommenWolf

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Wolf „Slavko“ streift durch Österreich

Aus Slowenien über Kärnten und die Steiermark nach Salzburg zurück nach Kärnten …
Seit Wochen befindet sich der drei Jahre alte Wolf Slavko auf Streifzug durch unsere Wälder. Dabei legt der fleißige Wanderer jede Nacht durchschnittlich etwa zehn Kilometer zurück – abhängig vom Gebiet und der Schneelage und wohl auch von seinem Gemütszustand.
Slavko stammt aus dem Südosten Sloweniens, und wurde als einer von drei Wölfen, im Rahmen eines EU-Life Projekts mit Peilsendern ausgestattet. „Eine Maßnahme, die großen Sinn macht“, ist Christian Pichler vom WWF überzeugt. „Die Wanderrouten der Wölfe grenzübergreifend zu dokumentieren hilft uns Naturschützern, mehr über die Lebensweise und das Verhalten der Wölfe zu erfahren. Gerade Österreich spielt als Brückenkopf für die Verknüpfung der europäischen Wolfspopulationen, ein Schlüsselrolle. „Hier treffen Wölfe aus dem Westalpen, aus den Karpaten und aus dem slowenisch-kroatischen Raum zusammen. Deshalb ist es wichtig, dass wir unser Wissen international austauschen.“

Wolfverbreitung © WWF
Dass der Wolf  in Österreich nicht nur als seltener Besucher vorbeischaut, sondern sich in Zukunft wahrscheinlich dauerhaft niederlassen wird, zeigen die Zahlen der letzten Jahre: 2009 und 2010 wurden 6-7 Wölfe genetisch nachgewiesen, 2011 waren es 3-4, auch heuer werden wieder Wölfe aus den umliegenden Nachbarstaaten zu uns stoßen . Die natürliche Rückkehr des Wolfes nach Österreich ist ein großer Erfolg für den Naturschutz! 
Hier gibt es eine Verbreitungskarte: http://www.wwf.at/de/wolf_verbreitung

Der WWF ist seit vielen Jahren im Wolfschutz aktiv und sieht den Großen Beutegreifer als integralen Bestandteil unserer Natur - und als wertvolle Bereicherung für das Ökosystem. Wo Wölfe sich wohlfühlen, steigt bekanntlich auch die „Fitness“ des Wildes. Außerdem profitieren viele Aasfresser wie Geier oder Kolkraben von den von Wölfen gerissenen Kadavern. .Dennoch ist es Meister Isegrim, wie es Norbert Ruckenbauer im Blog vom 3. Jänner treffend beschreibt, immer noch nicht gelungen, den Ruf des „Rotkäppchenmörders“ loszuwerden.

Eine Imagekorrektur ist also unumgänglich, will man dem Wolf dasselbe Schicksal ersparen, das Österreichs Braunbären ereilt hat. Bekanntlich ist die heimische Population mit dem Verschwinden des letzten in Österreich geborenen Bären „Moritz“ 2010 wieder erloschen. Obwohl normalerweise weder Bär noch Wolf für den Menschen eine Gefahr darstellen, scheint oft der erste Reflex bei jedem Schadensfall, der Ruf nach der Flinte zu sein.

Natürlich sind Wölfe, genauso wie Bären und Luchse Tierarten, die starke Emotionen wecken und daher polarisieren. Und natürlich darf man Nutztierhalter mit ihren Problemen nicht alleine lassen, sondern muss sie bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen unterstützen bzw. wirtschaftliche Schäden rasch und unbürokratisch abgelten, bis der Herdenschutz in Österreich etabliert ist.

Auf keinen Fall sollten Konflikte, die durch Schäden an Nutztieren oder im jagdlichen Bereich ausgelöst werden, so enden wie im Falle der Österreichischen Braunbären, die nachgewiesenermaßen nicht alle auf natürlichem Wege verstorben sind. 

Aus angrenzenden Regionen wissen wir, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Wölfen gegenüber generell positiv eingestellt ist. Dies belegen Studien aus Deutschland und aus der Schweiz. „Wenn es uns gelingt, das Konfliktpotenzial zu minimieren und endlich geeignete Maßnahmen wie den Herdenschutz durchzusetzen, wären wir in der Akzeptanz schon einen entscheidenden Schritt weiter“, wünscht sich Pichler mehr Engagement der Behörden. In einem doch vergleichsweise wohlhabenden EU-Staat wie Österreich, sollten entsprechende finanzielle Mittel für Herdenschutzmaßnahmen, Schadensabgeltung und Aufklärungsarbeit durchaus zur Verfügung stehen.

Den Wolf zu tolerieren ist jedenfalls Grundvoraussetzung für ein dauerhaftes Überleben dieser Tierart in Österreich. Zwar genießt der Wolf durch bestehende nationale und internationale Bestimmungen einen hohen Schutzstatus – Gesetze allein reichen jedoch nicht aus, um ihm das langfristige Überleben in Österreich zu sichern.
Umso wichtiger ist es dem WWF, dass ein solides und effizientes Wolfsmanagement günstige Rahmenbedingungen schafft, damit sich in den Alpen wieder eine vitale und langfristig überlebensfähige Wolfspopulation etablieren kann, die auch mit den benachbarten Vorkommen in genetischem Austausch steht.
Schon mittelfristig soll der Wolf im Alpenraum einen guten Erhaltungszustand gemäß den Kriterien der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU erreichen. Die FFH-Richtlinie sieht vor, dass alle geeigneten Lebensräume besiedelt werden können und die Vorkommen so zahlreich sind, dass die gefährdeten Arten dort eine dauerhafte Überlebenschance haben.

Ein erster wichtiger Schritt zur Erreichung dieses Ziels ist eine sachliche und unvoreingenommene Information über das faszinierende Wildtier Wolf und seine Lebensweise. Auf dass er auch weiterhin durch unsere Wälder streifen kann.

Wien, am 27. Januar 2012

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 Beitrag von Kurt Kotrschal

Prof. Kotrschal, Foto: D. Zupanc
Wolfsichtungen, wie die momentane in Niederösterreich oder in Salzburg sind eine aufregende Sache und es ist gar nicht so einfach, diese von Hundesichtungen zu unterscheiden.
Tatsächlich geht v.a. das Forschungsinstitut für Wildtierkunde den Sichtungen nach; so halten sich in Österreich meist 1-9 Einzelwölfe auf, die meisten davon Männchen, aber auch immer wieder Weibchen. Biologen nennen sie "Disperser", also Tiere die weit in die Welt ziehen und wohl ein eigenes Rudel begründen, wenn sie auf einen geeigneten Partner treffen.
Foto: D. Zupanc

Nach Österreich wandern Wölfe gleich aus 3 Hauptrichtungen/Populationen
zu: große Wölfe aus dem Osten, über Kärnten die Balkanwölfe und über den äussersten Westen die kleinen Wölfe italienischen Ursprungs. Warum es in Österreich noch nicht zur Rudelbildung kam und warum die Wölfe immer wieder verschwinden, ist nicht bekannt. Jedenfalls wäre Österreich ein sehr geeigneter Lebensraum für viele Wolfsrudel, vorausgesetzt, dass schon im Vorfeld professionelles Konfliktmanagement betrieben wird und dass die Jägerschaft den Wolf als das akzeptiert, was er gesetzlich ist: als zwar prinzipiell jagdbar, aber ganzjährig geschützt.


Wolfscience Ernstbrunn, Foto: D. Zupanc
Am Wolfsforschungszentrum in Ernstbrunn/Weinviertel beschäftigen wir uns nicht direkt mit der Frage der Wiedereinwanderung der Wölfe nach Österreich, sondern betreiben Grundlagenforschung zu den geistigen und kooperativen Fähigkeiten von Wölfen und Hunden. Und wir klären unsere Besucher über den Wolf möglicht sachlich auf, der weder eine reissende Bestie, noch ein harmloses Kuscheltier ist. Wir sollten dem ernstzunehmenden Beutegreifer in Mitteleuropa Lebensrecht zugestehen, wenn wir gleichzeitig von den Afrikanern verlangen, ihre Elefanten und Löwen zu schützen.

Text: Kurt Kotrschal, Prof. Univ. Vienna and Director Konrad Lorenz www.wolfscience.at
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Beitrag von Norbert Ruckenbauer:
Ein Italiener wird zum Niederösterreicher
Wolfsichtung am Schneeberg
Bereits ab dem Frühjahr 2010 häuften sich im Rax - Schneeberggebiet die Hinweise. 
Fotofalle Wolf / Beitrag Kurier
Genetische Untersuchungen brachten schließlich Gewissheit: ein männlicher Wolf durchstreift Niederösterreichs Wälder. Und noch mehr erzählen die DNA-Proben. Er stammt aus den italienischen Alpen.
Jetzt ist in Puchberg am Schneeberg ein erstes Beweisfoto gelungen. Bei einer Wildfutterstelle versuchte der scheue Beutegreifer sein Jagdglück und wurde von einer Wildtierkamera fotografiert. (sh. Beitrag im Kurier vom 11.01.2012)
Ausdauernder Wanderer
Offenbar ist dieser Wolf kein „Tourist“ mehr, sondern gekommen, um zu bleiben.
Das erstaunt mehrfach. Aus Italien? Zu Fuß? Nach Niederösterreich?
Wölfe sind sehr ausdauernde Wanderer, die stundenlang eine Geschwindigkeit von 10 kmh durchhalten können. Da kommt in einer Nacht schon eine schöne Strecke zusammen. Bei einem jungen Wolfsrüden, den man 2004 in Italien mit einem Sender ausgestattet hatte, lag in der Beobachtungszeit die tägliche Wanderstrecke zwischen 20 und 40 km!
Vor allem junge Wölfe begeben sich auf Wanderschaft. Sie werden ab dem zweiten Lebensjahr im elterlichen Revier nicht mehr geduldet und müssen sich nach etwas Eigenem umschauen. Und auf der Suche nach einem hübschen Revier mit attraktivem Partner schaut man eben auch nach Niederösterreich…

Treffpunkt Niederösterreich
Erfreulicherweise geht es den Wolfspopulationen in den Nachbarländern langsam wieder besser. Überzählige Tiere nicht nur aus Italien, sondern auch dem Balkan und den Karpaten erreichen immer wieder Österreich. Niederösterreich hat hier eine zentrale Bedeutung als „Brücke“ zwischen dem Alpen- und dem Karpatenbogen, als Region im Herzen Europas.
Und wenn Wölfe bleiben, stellt das Niederösterreich ein gutes Zeugnis aus. Oder wie es der Wolfsexperte Heinrich Dungler ausdrückt: “Wölfe sind ein absolutes Kompliment an die Landschaft!
Seit Jahrtausenden in Niederösterreich
Eine Besiedlung Niederösterreichs durch den Wolf ist aber eigentlich nichts Neues. Er ist hier seit Jahrtausenden zu Hause, über die gesamte Eiszeit lässt sich der Wolf in Mitteleuropa nachweisen. Als vor etwa 40.000 Jahren die ersten modernen Menschen nach Niederösterreich kamen, muss ihnen der Wolf ein vertrauter Anblick gewesen sein. Spätestens in dieser Phase der Menschheitsgeschichte entstand auch die „Hassliebe“ zwischen Mensch und Wolf, die bis ins heute andauert.

Vom Wildtier zum Haustier
Grabung 1919, Bild: Museum für
Urgeschichte / Asparn/Zaya
Sicher war der Wolf von Anfang an ein Nahrungskonkurrent des Menschen. Aber auch ein Tier, das als Jagdhilfe, Wächter und wohl auch als Nahrungsreserve Vorteile versprach. In der Eiszeit beginnt mit der „Partnerschaft“ zwischen Wolf und Mensch die Entwicklung des Hundes als erstes Haustier. Sämtliche Rassen vom Dackel bis zur Dogge stammen vom Wolf ab!
Spannend ist in diesem Zusammenhang Wolfsknochenfunde in
einer rund 20.000 Jahre alte Fundstätte in Langmannersdorf im Bezirk St. Pölten. 
Bei Grabungen 1919 wurden zwei vollständige Skelette, ein Schädel und eine Unterkieferhälfte gefunden. Die Art der Anordnung dieser Wolfsknochen legt eine regelrechte „Wolfsbestattung“ nahe.


Kulturhistorischer Niederschlag
In nachchristlicher Zeit war der Wolf in Niederösterreich natürlich genauso präsent.
Das fand auch kulturhistorischen Niederschlag: auf den römischen Münzen aus Carnuntum mit der Wölfin als Ernährerin von Romulus und Remus genauso wie am Wappen des Bistums Passau, das in der Geschichte Niederösterreichs eine bedeutende Rolle gespielt hat.
Noch heute findet sich der Wolf in den Wappen von Amstetten, Mautern oder St. Pölten. Und anhand niederösterreichischer Ortsnamen wie Wolfpassing, Wolfsgraben, Wolfsbach und Wolfsthal kann man erahnen, dass diese Tierart früher nicht selten war.

Gnadenlose Verfolgung
J.E.Ridinger, „Der Einsprung eines
Wolffs Garten“, 1729; (c) Kupfer-
stich aus der "Fürsten Jagdlust"
Landesmuseum Niederösterreich
In einer landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft, deren Leben und Überleben auch vom Viehbestand abhing, war ein „Räuber“, der sich am Viehbestand vergreift, ein klares Feindbild.

Über Jahrhunderte wurde dem Wolf mit Wolfgruben, Schlagfallen und Gewehren nachgestellt.
Den Anfang vom Ende setzte wohl ein Hofdekret Kaiser Josephs II., der 1788 die ausdrückliche Ausrottung von Bär und Wolf anordnete. „Raubzeug“ wie Bär, Wolf und Fuchs durften damit von jedermann geschossen oder erlegt werden.
Einer der letzten Wölfe Niederösterreichs wurde schließlich 1869 auf der Hohen Wand erlegt. Er wurde präpariert und ist heute im Landesmuseum Niederösterreich zu sehen.

Hat Meister Isegrim Zukunft in Niederösterreich?
Der Wolf hat bis heute einen schlechten Ruf. Horrorerzählungen, aber auch „harmlose“ Märchen wie „Rotkäppchen“ oder „Der Wolf und die sieben Geißlein“ hinterlassen ihre Spuren. Vieles dieser Erzählungen stimmt einfach nicht. 
Wolf im Landesmuseum, einer der
letzten Wölfe Niederösterreichs,
1869 erlegt an der Hohen Wand

Wölfe sind sehr intelligente, hochsoziale Tiere, die dem Menschen aus dem Weg gehen, wo sie nur können. Dank ihres ausgezeichneten Geruchsinns, können sie Menschen bis zu einer Entfernung von 2 km wittern. Die allerwenigsten von uns werden in freier Wildbahn je einen Wolf zu Gesicht bekommen.
Der NÖ Landesjagdverband hat bereits 2010 zum Wolf Position bezogen: „Die Zuwanderung von Wölfen in Niederösterreich wird als Faktum angesehen. Der Wolf ist eine nicht-jagbare Wildart, die ganzjährigen Schutz in Form einer ganzjährigen Schonzeit genießt.“ Für Schäden, die durch den Wolf verursacht werden, wurde eine Versicherung abgeschlossen. Es ist zu Hoffen, dass die niederösterreichische Jägerschaft nicht nur die Position ihres Verbandes, sondern auch europäische und österreichische Schutzbestimmungen klar akzeptiert. Es wäre schade, wenn auf niederösterreichischem Boden Wölfen nur im Wolfsforschungszentrum in Ernstbrunn ein gesichertes Überleben möglich wäre.
Text: Mag. Norbert Ruckenbauer